Leserbrief: Lebensmittelverschwendung ist keine Kunst

Leserbrief an die Neue Osnabrücker Zeitung von Projektkoordinator Peter Klösener:

Im Beitrag „Performance-Kunst macht Spaß“ wurde in der Ausgabe vom 30. Juni darüber berichtet, dass mit Kindern eine „Ketchup-Sojasaucen-Schlacht“ stattgefunden hat. Ziel der von der Kunsthalle angebotenen Aktion im Rahmen des „Ferienspaß“ war, Kinder an Performance-Kunst heranzuführen und sie erlebbar zu machen.

 

Das Anliegen, jungen Menschen verschiedene Formen der Kunst nahe zu bringen, kann ich nur unterstützen. Dass sich bei dieser Aktion Kinder in Overalls planmäßig gegenseitig mit Ketchup und Sojasauce bespritzten, halte ich jedoch für äußerst fragwürdig. Wenn man auf diese Weise dem Maler Jackson Pollock nacheifern will, wie es in dem Artikel beschrieben wird, sollten sich doch andere Formen finden lassen. Schließlich hat Pollock sein „Action Painting“ nicht mit Lebensmitteln, sondern mit Farbe umgesetzt.

Jährlich werden in Deutschland 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Das entspricht etwa einem Drittel des Nahrungsmittelverbrauches. Dieser Wahnsinn hat verschiedene Gründe, denn es gibt Lebensmittelverluste bei der Ernte, in der Verarbeitung, im Handel, in der Gastronomie und auch in privaten Haushalten. Dabei ist zu beachten, dass die Produktion von 10 Millionen Tonnen Lebensmitteln durch Düngung, Transport, Lagerung etc. rund 22 Millionen Tonnen Treibhausgas in die Atmosphäre gegeben werden. Das entspricht einer 180 Kilometer langen Autofahrt.

Der Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum, dem 45 Bildungseinrichtungen bundesweit angehören, führt aktuell mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ein Projekt unter der Überschrift „Mittel zum Leben – Bildungshäuser für einen achtsamen Umgang mit Lebensmitteln“ durch. In dem Projekt analysieren Bildungsstätten, wie z.B. die das Projekt koordinierende Katholische Landvolkhochschule Oesede, ihren eigenen Umgang mit Lebensmitteln bei der Verpflegung der Gäste. Außerdem werden Seminare mit Verbrauchern durchgeführt, die für eine neue Wertschätzung von Lebensmitteln sensibilisieren wollen.

Lebensmittel scheinen bei uns im Überfluss vorhanden zu sein. Nur so kann ich es mir erklären, dass Aktionen durchgeführt werden, bei denen man sie auf diese Weise missbraucht. In den Artikel wird beschrieben, dass der 10-jährige Vincent gern auch zu Hause so eine Aktion machen würde, seine Mama das aber nicht erlaube. Vielleicht wurde die Sorge der Mutter um ein mit Ketchupflecken besprenkeltes Sofa ja auch durch das Unbehagen ergänzt, dass ein solcher Umgang mit Lebensmitteln sicher kein gutes Beispiel für Kinder ist.

Sicher ist dieser Fall auf eine Form von „Gedankenlosigkeit“ zurückzuführen und nicht auf eine bewusste und planmäßige Verschwendung von Lebensmitteln. Genau hier müssen wir jedoch ansetzen. Der Wert von Lebensmitteln muss wieder bewusst gemacht werden. Das gilt umso mehr, als aktuell fast eine Milliarde Menschen auf der Erde an Hunger und Unterernährung leiden.

Peter Klösener
Projektkoordinator „Mittel zum Leben - Bildungsstätten für einen achtsamen Umgang mit Lebensmitteln“

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